Tanzschuhe für Herren Gewohnter Look – völlig andere Funktion
„Warum soll ich mir als Mann einen Tanzschuh kaufen? Ich habe doch noch den guten Budapester mit Ledersohle. Der sieht genauso aus wie der, den mein Tanzlehrer trägt.“ Tja, hier täuscht der visuelle Eindruck. Herrentanzschuhe ähneln fraglos klassische Männer-Straßenschuhen, aber sie sind ein völlig anderes Produkt. Sie unterscheiden durch das Material der Laufsohle und in der gesamten Sohlenkonstruktion. Auch in Passform und Bauart des Oberschuhs gibt es große Unterschiede zu Alltagsschuhen. Und selbst das so vertraut aussehende Oberleder ist aus tatsächlich aus anderen Ledersorten zugeschnitten.
Die Sohle der Herren-Tanzschuhe Man soll den Boden spüren
Die Sohlen von Alltagsschuhen sind so konzipiert, dass sie raue Untergründe dämpfen: Natürlich sollen sich keine Steinchen oder gar Scherben durch die Sohle bohren. Außerdem sollen sie vor Nässe schützen und Kälte abhalten.
Oft sind Straßenschuhe auch so konstruiert, dass sie einen umlaufenden Schutz vor Stößen bieten – vom Konzept vergleichbar mit dem schwarzen Aufprallschutz aus Gummi, den wir vom Autoscooter kennen. Bei traditionellen, rahmengenähten Herrenschuhen übernimmt die außen liegende Naht und ein Rahmen aus Leder diese Stoßdämpfer-Funktion. Aber auch bei Alltagsschuhen mit angespritzter Kunststoffsohle – gerade bei Sportschuhen – findet sich häufig ein schützender Überstand der Sohle gegenüber dem Obermaterial des Schuhs. Auch das ist für den Alltagseinsatz eine sinnvolle Sache. Wäre die Sohle bündig gearbeitet, entstünden bei jeder kleinen Unachtsamkeit an der Bordsteinkante hässliche Kratzer.
Alle genannten Faktoren spielen jedoch auf dem beim sauberen Tanzparkett in beheizten Innenräumen keine Rolle. Ganz im Gegenteil – sie sind allesamt störend. Daher gibt es spezielle Tanzschuhe – auch für Männer.
Beim Tanzen finden komplexe Bewegungsabläufe durch Gewichtsverlagerung und Dreh-Impulse statt. Man dreht über den Vorfuß oder die Ferse – der Wechsel des Standbeins wird durch Ausbreiten der Zehen und Impulse der großen Zehen eingeleitet. Auf dem Tanzparkett ist ein großer Vorteil, mit den Zehen den Untergrund gut zu spüren. Daher haben viele Tanzschuhe für Herren eine dünne Sohle aus weichem Chromleder. Dieser Sohlentyp eignet sich ideal für Drehungen und ist äußerst flexibel.
Außerdem haben Herren-Tanzschuhe keine überstehenden Teile. Die Sohle schließt seitlich bewusst bündig mit dem Oberleder ab. Einerseits möchte man die Versteifung vermeiden, die zwangsläufig durch Materialdoppelungen entsteht – andererseits vergrößern Überstande den Schuh unnötig und schränken taktil ein. Es ist durchaus erwünscht, leichte Fußberührungen der Tanzpartnerin über das Oberleder zu spüren, um daraufhin seine Schrittlänge anzupassen oder auch um sanfte Richtungsimpulse zu geben. Ein umlaufender, harter Rahmen ist dafür unbrauchbar. Sehr unschön ist auch, wenn die Partnerin mit ihren schicken Schuhen immer wieder an der Kante hängenbleibt. Das dürfte mancher von Ihnen kennen …
Obermaterial Tanzschuhe für Männer Optisch vertraut – und doch ganz anders
Von ihren Unterschieden in der Sohlen-Machart abgesehen, ähneln viele Tanzschuhe für Herren stilistisch weiterhin klassischen Herrenschuhen. Aber auch beim Obermaterial gibt es große Unterschiede zu Schuhen für den Alltag.
Man sieht und spürt diese Besonderheiten nicht sofort – daher kann es leicht zu Fehlkäufen kommen. Wie eingangs besprochen, sind Faktoren wie Robustheit und Witterungsfestigkeit auf dem Dancefloor unwichtig – und das betrifft auch das Oberleder: Dick geschnittene und feste Ledersorten werden hier wahrlich nicht gebraucht. Stattdessen soll sich die Flexibilität, die mit den Sohlen eingeleitet wurde, bei der Karosserie fortsetzen. Diese besteht bei den durchweg geschlossenen Herren-Tanzschuhen nun mal deutlich mehr (versteifendem) Material, als bei den oftmals zart und offen gearbeiteten Damenmodellen.
Somit kommen besonders weiche und flexible Lederarten zum Einsatz, wie Lammleder oder Ziegenleder. Man kennt deren Eigenschaften von Lederhandschuhen. Liegen diese den Sommer über in der Schublade, sind sie anfangs vielleicht noch etwas steif, aber durch die Wärme und Feuchtigkeit der Haut weiten sie sich bald und werden schmiegsam. Ähnlich verhält sich das mit dem Tanzschuh-Leder.
Zu bequem am Anfang = verdächtig
Tanzschuhe hat man den ganzen Tanzabend über an und man bewegt sich viel in dieser Zeit. Außerdem bewegen unsere Füße dabei auf eine Art und Weise, die beim normalen Gehen kaum vorkommt. Wir gehen auf die Zehenspitze und drehen über den Vorfuß oder machen Ausfallschritte. Ist ein Schuh zu groß und weit, dann rutscht der Fuß bei Lastwechsel hin und her. Vielleicht kann man das zeitweilig ein wenig kompensieren, indem man das Fußgewölbe verspannt. Aber es lenkt ab und am Ende hat man doch Blasen und aufgescheuerte Haut.
Liegt der Tanzschuh überall an, kann man nicht rutschen – und die Haut bleibt heil. Überdies erhält man eine gute Rückmeldung über die Dimension der eigenen Füße. Man hat eben nur ein Gefühl dafür, wo der eigene Körper / Fuß endet – nicht noch für 3 cm zusätzliche Schuhspitze. Auch bei engen Tanzhaltungen, wie sie beispielsweise beim Tango Argentino vorkommt, hilft die enge Passform, den Schritt exakt an den Fuß der Partnerin zu setzen, nicht auf ihren Fuß …
Beim Kauf von Tanzschuhen sollten Männer also ihr Erfahrungswissen zu Straßenschuhen komplett Bord werfen. Liegt der Schuh überall an und ist fast ein wenig eng – dann haben Sie vermutlich schon das richtige Paar erwischt. Lang genug, dass alle Zehen noch ausgestreckt sind, aber auch nicht mehr. Und so eng, dass das Oberleder der Schuhe am Fuß wie eine zweite Haut anliegt.
Voilà – jetzt sind sie gut ausgestattet, um ihre Tanzkarriere zu starten.